Ein Wechsel, der Fussballfans aller Lager in wilde Diskussionen bringt, der Internetforen mit Gerüchten und Halbwahrheiten flutet, der Unverständnislosigkeit seitens des Spielers oder seitens der Roma hervorbringt. Warum wechselt der italienische Nationalspieler Pablo Osvaldo ein Jahr vor der Weltmeisterschaft in Brasilien aus der Serie A von der Roma in die Premier League zum FC Southampton, dem 14. der abgelaufenen Saison und immerhin nur 5 Punkte am Abstieg vorbei. Die Gründe müssen tiefer liegen als (etwas) mehr Gehalt und die Rückkehr zu seinem alten Erfolgscoach bei Espanyol Barcelona, Mauricio Pochettino. Ebendiese Gründe sollen im Folgenden kurz aufgezeigt werden, damit nicht nur sehr interessierte Roma-Tifosi verstehen können, warum Osvaldo aus der ewigen Stadt „flüchtet“.
Pablo Osvaldo war einer der großen Transfers aus der neuen Ära um Luis Enrique, die die Roma langfristig wieder in Richtung Scudetto leiten sollte. Er wurde aus Spanien von Espanyol geholt, wo er eine nette Torquote (14 Tore in 26 Spielen) vorzuweisen hatte. Die Ablöse betrug damals 15 Mio € plus diverse mögliche Boni und Luis Enrique hätte einen idealen Mittelstürmer für nahezu jedes Roma-System vorgefunden. Warum hätte? Weil der Neo-Coach immer wieder interessante Experimente volführte und Osvaldo oftmals am Flügel aufbot.
Nichts desto trotz schien Pablo immer wieder mit Genieblitzen und Genialität aufzufallen, wie etwa bei seinem Seitfallzieher gegen Lecce im November 2011, nach dem ihn La Repubblica zum „Neuen Idol der Tifosi“ kührte. Doch bereits im darauf folgenden Spiel zeigte sich die andere Seite Osvaldo’s: bei der 0-2 Niederlage in Udinese hat er sich in einer hitzigen Diskussion zu einer Ohrfeige gegen Teamkollegen Erik Lamela hinreissen lassen, woraufhin er 10 Tage suspendiert wurde und das Spiel gegen die Fiorentina (0:3) verpasste. Trotzdem war er bis zum 16. Spieltag – ab da fehlte er 6 Partien wegen muskulärer Probleme – mit 7 Treffern in 15 Spielen Topscorer der Roma. Außerdem erhielt er im Jänner 2012 – nach nur einer Halbsaison – die Auszeichnung zu Rom’s Athleten des Jahres.
Das nächste Mal negativ aufgefallen ist er den Fans am 21. Februar, als die gesamte Mannschaft zwei freie Tage erhielt nach dem 1-0-Sieg gegen Parma. So ist Osvaldo zu seinem Ex-Klub Espanyol geflogen um dort (eigentlich sehr löblich) mitzutrainieren. Dabei hat er sich aber sofort eine Espanyol-Trainingsmontur übergeworfen und sich sofort damit ablichten lassen – Dinge, die Roma-Ultras nicht gerne sehen und sich bestimmt merken. Umso schlechter, dass genau im darauffolgenden Match auch negative Schlagzeilen am Feld kamen: gegen Atalanta sah er in der 54. Minute in Mitten der Roma-Aufholperiode Rot, man verlor mit 1-4 und Osvaldo wurde für zwei Partien gesperrt.
Diese Sperre schien ihm aber gut getan zu haben, den in den folgenden 5 Spielen glänzte er mit 4 Treffern und 3 Vorlagen – ehe er sich bei der 0-4 Niederlage gegen Juventus die nächste Rote Karte abholte. So beendete er seine erste Roma-Serie-A-Saison mit 11 Treffern, 4 Assists, 2 Roten Karten in 26 Spielen.
Die neue Saison startete mit einem neuen Trainer – Zdenek Zeman – und einem Pablo Osvaldo in bester Torlaune: 10 Tore in der Hinrunde bei 14 Einsätzen. Erst die Coppa-Partie gegen Atalanta brachte ihm die erste böse Presse der abgelaufenen Saison: aufgrund eines völlig unötigen Ellenbogenchecks wurde er für drei Coppa-Partien gesperrt. Nach dem Rauswurf von Zeman und der Bestellung von Co-Trainer Aurelio Andreazzoli startete aber erneut eine Serie von Vorkommnissen, die die römischen Fans sehr missfielen. Im Debut von AA als Chef-Trainer gegen Sampdoria nahm Osvaldo Francesco Totti den Ball am Elfmeterpunkt weg – um den fälligen Elfer zu verschießen. Die Roma verlor 1-3, AA sein Debut und erzürnte „Fans“ bewarfen Osvaldos Auto mit Steinen. Zwar konnte er durch öffentliche Entschuldigungen und Totti-Huldigungen die Tifosi beruhigen, aber das Band schien fast zerschnitten zu sein. Wenig förderlich dabei war dann auch ein Facebook-Posting eines Fotos von ihm und seiner Freundin in London – zur selben Zeit als in Rom das Derby statt fand, für welches er allerdings gesperrt war. Alles Kleinigkeiten, die sich aber in den Köpfen der Osvaldo-Gegner aufsummierten.
Nach dem Fast-Bruch mit den Fans folgte wenig später dann aber ein weiterer Mannschaftsinterner Krach, für den Osvaldo hauptverantwortlich war. Mitlerweile war die Serie A abgeschlossen, Osvaldo hält bei guten 16 Toren aber um sich für die Europa League zu qualifizieren, musste man im Derby die Coppa erringen. Dieses Unterfangen misslang, Osvaldo bot nach seiner Einwechslung eine schlechte Leistung – er war wohl auch erzürnt, dass Andreazzoli Mattia Destro von Beginn an spielen lies, der zwar in der Coppa sehr erfolgreich getroffen hat, durch Verletzungen aber in keiner guten Verfassung war – und weigerte sich zur Siegerehrung aufs Feld zu kommen. Dabei habe er Andreazzoli beleidigt und sich mit ihm ein Nachspiel auf Twitter („Du kannst eh mit denen von Lazio feiern gehn…“) geliefert. Ab diesem Zeitpunkt war auch den größten Osvaldo-Fans und Befürwortern klar, dass die Roma nicht mit ihm in die Saison 2013/14 starten würde.
Doch mit der Bestellung von Rudi Garcia zum neuen Roma-Trainer schien sich das Blatt noch einmal zu wenden. Rudi sah in ihm den idealen Mittelstürmer für sein System, zeigte ihm das auch während des Trainingslagers in Bruneck und machte öffentliche Aussagen, Osvaldo nicht abgeben zu wollen – im Gegensatz zum restlichen Team der Roma-Sport-Sektion (Andreazzoli z.B. ist weiterhin im Trainerstab zugegen). Die Fans waren weiterhin gespalten: auf der einen Seite ist seine Trefferquote nicht so schlecht, auf der anderen Seite hat er sich bereits sehr viel geleistet. Auch in Bruneck wurde er von einer kleinen Gruppe beschimpft, aber von einer größeren Gruppe angefeuert. Leider lies er sich von der kleinen Gruppe provozieren und beschimpfte diese in einem Youtube-Interview.
Rudi Garcia und auch Francesco Totti setzen weiterhin auf ihn, so durfte Osvaldo auch im Testspiel gegen Bursaspor den Elfmeter schießen und ihn souverän verwandeln, worauf er sich via Twitter bei „seinem Freund Totti für diese Geste“ bedankte. Auch wurde immer wieder bestätigt, dass Osvaldo perfekt in der Mannschaft integriert sei. Dennoch gab es immer wieder Angebote für ihn, die entweder vom Verein oder vom Spieler selbst abgelehnt wurden (Napoli, Inter, Zenit, Atletico, Fulham, Southampton). So deutete nach der US-Tour vieles darauf hin, dass Osvaldo seinen bis 2016 laufenden Vertrag doch noch erfüllen könnte, bis sich wiederholt einige „Fans“ zum Ziel machten, Pablo wegzueckeln. Diesmal wurde sein Parkplatz und die Straße vor seinem Haus mit Sprüchen beschmiert („Pezzo di merda“), woraufhin sogar dessen Freundin zu diesen Personen auf Twitter äußerte. Sie erklärte außerdem, dass sie Rom als Stadt liebe, ihrem Freund aber überall hin folgen würde und ihn unterstütze. Vielleicht das notwendige Signal für Pablo, beim nächsten richtig guten Angebot schwach zu werden.
Und dieses Angebot kam: gemeinsam mit einer 48h-Frist durfte sich Osvaldo überlegen, ob er den 4-Jahres-Vertrag mit leichter Gehaltsaufstockung bei seinem Ex-Trainer Pochettino in Southampton annimmt. Und aufsummiert mit den Unstimmigkeiten mit Co-Trainer Andreazzoli, mit eingen Fan-Gruppierungen und den ständigen Kritiken an seiner Person und dem Umstand, dass sich die Roma mit Southampton geeinigt habe und dass Osvaldo natürlich eine gute Saison als Stammspieler braucht um auf den WM-Zug aufzuspringen, hat sich Pablo entschieden, die AS Roma zu verlassen, auch wenn er möglicherweise hier die noch größere Karriere hätte machen können. Im Endeffekt ist der Verein in etwa „even“ ausgestiegen, doch der Transfer zu recht spät fortgeschrittenere Phase könnte der Roma auf der Suche nach einem Nachfolger noch weh tun und Kopfzerbrechen bereiten.
Gerne laden wir euch ein, im Forum darüber und über Pablo Osvaldo selbst, mitzudiskutieren!
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